Praxis Philosophie und Ethik

Der Mensch steckt in dem Dilemma, dass er einerseits die Neigung hat, sich zu vergesellschaften, andererseits aber auch den Hang, sich zu vereinzeln und alles nach seinem Gusto bestimmen zu wollen: Dem Sinne nach hat dies bereits Kant in seiner Schrift „Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht“ im Jahr 1784 dargelegt. Das Ich lebe mit den anderen Menschen in Form einer – wie er es paradox formuliert – „ungeselligen Geselligkeit“ zusammen. Diese Dynamik führt im Individualbereich zu Konstellationen und Beziehungen wie Freundschaft und Liebe, aber auch zu Feindschaft, Isolation, Außenseitertum; im Sozialbereich sind es z. B. die peer group, die soziale Plattform oder die Familie, in die das Ich integriert ist – oder auch nicht. Das Thema „Das Ich und der Andere – die anderen und ich“ ist seit jeher fester Bestandteil des Ethikund Philosophieunterrichts besonders der Sekundarstufe I. Das Heft bietet zum einen thematische Aspekte, die bisher für den Unterricht nur selten oder gar nicht aufbereitet worden sind, etwa Feindschaft, Kameradschaft, Schönheit oder Schüchternheit im Hinblick auf ihre soziale Funktion, eine Analyse dessen, wer oder was eigentlich „Man“ ist u. a. m. Zum zweiten gilt auch hier die wenig philosophische, schlichte Einsicht, dass das Verhältnis zwischen dem Ich und dem oder den anderen einem permanenten Wandlungsprozess unterliegt. Ein Beispiel: Das Problem, sich auf sozialen Plattformen zu bewegen und dort „Freunde“ oder „follower“ zu finden, deren Zahl viele wie Jagdtrophäen sammeln, ist noch keine 20 Jahre alt. Zum dritten sind die Beiträge für Einzelstunden angelegt: Jedes der angebotenen Stundenmodelle ist für eine Unterrichtszeit von 45, 60 oder 90 Minuten konzipiert, wobei Vorschläge für Erweiterungen auch eine thematische Fortführung erlauben. Gruppendynamische Übungen, wie sie einige Beiträge vorschlagen, schließen an den Methodenschwerpunkt philosophische Experimente (PPhE 3/2017) an.