Pflegeberufereformgesetz – Konzepte für die Generalistik
1. Allgemeines:
Das Pflegeberufereformgesetz – Entwicklungsstufen:
01.03.2012: Eckpunktepapier zur Vorbereitung des Entwurfes eines neuen Pflegeberufegesetzes
(...)
22.06.2017: Der Bundestag beschließt das Pflegeberufereformgesetz
07.07.2017: Der Bundesrat beschließt das Pflegeberufereformgesetz
(...)
25.09.2017 - 01.10.2018:
Referentenentwurf einer Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die generalistische Pflegeausbildung liegt vor
Umwandlung des Referentenentwurfes in eine Verordnung...
Anhörung im Bundesrat am 21.09.2018
01.01.2018: Das neue Pflegeberufegesetz tritt in Teilen in Kraft
01.08.2019: Der bundesweite Rahmenlehrplan für die neue Pflegeausbildung wird veröffentlicht
01.01.2020: Der erste Ausbildungsjahrgang beginnt seine Ausbildung
Wesentliche Änderungen:
Als Zugangsvoraussetzung ist ein mittlerer Schulabschluss erforderlich, d.h. eine mindestens zehnjährige Schulbildung; auch ein neunjähriger Hauptschulabschluss in Verbindung mit einer Helferausbildung ist möglich.
Die Ausbildung soll zur Pflege von Menschen aller Altersgruppen in allen Versorgungsbereichen befähigen.
Die Berufsbezeichnung lautet: "Pflegefachfrau oder Pflegefachmann".
Es handelt sich um eine "quasi-duale" Ausbildung.
Die praktische Ausbildung erfolgt zum überwiegenden Teil bei dem Träger, mit dem der Ausbildungsvertrag geschlossen wurde.
Der Abschluss ist automatisch EU-weit anerkannt.
Alle Auszubildenden starten generalistisch (2 Jahre).
Für das dritte Ausbildungsjahr können die Auszubildenden wählen, ob sie weiter
a) den generalistischen Abschluss anstreben oder b) den Berufsabschluss Altenpfleger/-in oder c) den Berufsabschluss Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/-in.
Für die "Spezialisierung" sollen sich die Auszubildenden in der Regel vier Monate und frühestens sechs Monate vor dem dritten Ausbildungsjahr entscheiden.
Sechs Jahre nach dem Start der Generalistik, also im Jahr 2026, wird nachgehalten wie viele Auszubildende einen generalistischen Abschluss gewählt haben und ob die Abschlüsse "Altenpflege" und "Gesundheits- und Kinderkrankenpflege" bestehen bleiben sollen.
Erstmalig werdenVorbehaltsaufgaben für die Pflegefachpersonen definiert, dazu gehören die Erhebung und Feststellung des Pflegebedarfs, dieOrganisation des Pflegebedarfs sowie die Evaluation und Qualitätssicherung.
Die Ausbildung ist für alle Auszubildenden kostenfrei, es muss eine angemessene Vergütung bezahlt werden; die Finanzierung erfolgt über Umlageverfahren; auf Landesebene gibt es Ausgleichsfonds für die Ausbildung; die Kostenträger werden, wie bisher, prozentual beteiligt und eine Deckelung der Ausbildungszahlen findet nicht statt.
Eine primärqualifizierende hochschulische Ausbildung auf Bachelor-Niveau mit staatlicher Prüfung zur Erlangung der Berufszulassung ist möglich; die Zugangsvoraussetzung ist die Hochschulreife mit Abitur oder eine vergleichbare Qualifikation je nach Landesrecht.
Die Dauer der Hochschulausbildung beträgt (unverkürzt) mindestens drei Jahre; es gibt keinen Ausbildungsvertrag und keinen Vergütungsanspruch und die Finanzierung obliegt den Ländern.
Die Berufsbezeichnung lautet: "Pflegefachfrau" oder "Pflegefachmann" in Verbindung mit dem akademischen Grad B. A. (Bachelor of Arts) oder B. Sc. (Bachelor of Science).
2. Eckpunkte für eine Ausbildungs- und Prüfungsverordnung zum Pflegeberufegesetz:
Ausbildungsinhalte
Mit dem Pflegeberufegesetz wird ein neuer Beruf geschaffen. Den Auszubildenden werden Kompetenzen vermittelt, die über die Kompetenzen der bisherigen getrennten Ausbildungen hinausgehen und den Aufbau einer umfassenden Handlungskompetenz verfolgen (...). Dabei müssen die Auszubildenden so ausgebildet werden, dass sie den wesentlichen Anforderungen des bisherigen Berufsfeldes der Altenpflege, der Kranken- und der Kinderkrankenpflege genügen. Gleichzeitig müssen sie die notwendigen Kompetenzen für einen im Sinne lebenslangen Lernens erforderlichen Entwicklungsprozess erwerben.
Ausgehend von den vom Gesetzgeber als wesentlich angesehenen Kompetenzen werden die Ausbildungsziele der neuen Ausbildung im theoretischen und praktischen Unterricht sowie in der praktischen Ausbildung vermittelt.
Die dreijährige (bzw. in Teilzeit höchstens fünfjährige) Ausbildung umfasst mindestens 4.600 Stunden, davon 2.100 Stunden als theoretischer und praktischer Unterricht durch die Pflegeschulen und 2.500 Stunden praktische Ausbildung.
Kompetenzen der beruflichen Pflegeausbildung – Übersicht Themenbereiche*
Themenbereich 1: "Die Pflege von Menschen aller Altersgruppen verantwortlich planen, organisieren, gestalten und evaluieren" (900 bis 1.000 Stunden gesamt)
Kompetenzen:
Pflegeprozesse und Pflegediagnostik in akuten und dauerhaften Pflegesituationen verantwortlich planen, organisieren, gestalten, steuern und evaluieren.
Pflegeprozesse und -diagnostik einschließlich Gesundheitsförderung und Prävention bei Menschen aller Altersgruppen mit gesundheitlichen Problemlagen verantwortlich planen, organisieren, gestalten, steuern und evaluieren.
Pflegeprozesse und -diagnostik von Menschen in hoch belasteten und kritischen Lebenssituationen verantwortlich planen, organisieren, gestalten, steuern und evaluieren.
In lebensbedrohlichen sowie in Krisen- oder Katastrophensituationen zielgerichtet handeln.
Menschen bei der Lebensgestaltung unterstützen, begleiten und beraten.
Themenbereich 2: "Kommunikation und Beratung personen- und situationsorientiert gestalten" (250 bis 300 Stunden gesamt)
Kompetenzen:
Kommunikation und Interaktion mit Menschen aller Altersgruppen und ihren Bezugspersonen personen- und situationsbezogen gestalten und eine angemessene Information sicherstellen.
Beratung, Anleitung und Schulung bei Menschen aller Altersgruppen verantwortlich planen, organisieren, gestalten, steuern und evaluieren.
Ethisch reflektiert handeln.
Themenbereich 3: "Intra- und Interprofessionelles Handeln in unterschiedlichen systemischen Kontexten verantwortlich gestalten und mitgestalten" (250 bis 500 Stunden gesamt)
Kompetenzen:
Verantwortung in der Organisation des qualifikationsheterogenen Pflegeteams übernehmen.
Ärztliche Anordnungen im Pflegekontext und in Notfallsituationen eigenständig durchführen.
In interdisziplinären Teams an der Versorgung und Behandlung von Menschen aller Altersgruppen mitwirken und Kontinuität an Schnittstellen sicherstellen.
Themenbereich 4: "Das eigene Handeln auf der Grundlage von Gesetzen, Verordnungen und ethischen Leitlinien reflektieren und begründen" (150 bis 200 Stunden gesamt)
Kompetenzen:
Die Qualität der pflegerischen Leistungen sicherstellen und dabei ökologische und ökonomische Prinzipien beachten.
Versorgungstexteund Systemzusammenhänge im Pflegehandeln berücksichtigen.
Themenbereich 5: "Das eigene Handeln auf der Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen und berufsethischen Werthaltungen und Einstellungen reflektieren und begründen" (150 bis 200 Stunden gesamt)
Kompetenzen:
Pflegehandeln an aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen, insbesondere an pflegewissenschaftlichen Forschungsergebnissen, Theorien und Modellen ausrichten
Verantwortung für die Entwicklung (lebenslanges Lernen) der eigenen Persönlichkeit sowie für das berufliche Selbstverständnis übernehmen
3. Rahmenlehrpläne der Fachkommission nach § 53 PflBG Am 01.08.2019 wurden folgende Dokumente veröffentlicht:
Rahmenlehrpläne für den theoretischen und praktischen Unterricht
Rahmenausbildungspläne für die praktische Ausbildung
Tabelle: Ordnungsprinzipien der curricularen Einheiten in den Rahmenlehrplänen
Zentrale Orientierung
Curriculare Einheit
Titel
Ausbildungsbeginn, Ausbildungseinsätze
Pflegerische Handlungsfelder
CE01
Ausbildungsstart – Pflegefachfrau/-mann werden
CE02
Zu pflegende Menschen in der Bewegung und Selbstversorgung unterstützen
CE03
Erste Pflegeerfahrung reflektieren – verständingungsorientiert kommunizieren
CE04
Gesundheit fördern und präventiv handeln
Gesundheit von Kindern und Jugendlichen fördern und präventiv handeln
Gesundheit alter Menschen fördern und präventiv handeln
CE05
Menschen in kurativen Prozessen pflegerisch unterstützen und Patientensicherheit stärken
Kinder und Jugendliche in kurativen Prozessen pflegerisch unterstützen und Patientensicherheit stärken
Alte Menschen in kurativen Prozessen pflegerisch unterstützen und Patientensicherheit stärken
CE06
In Akutsituationen sicher handeln
Kinder, Jugendliche und ihre Bezugspersonen in Akutsituationen sicher begleiten
Alte Menschen und ihre Bezugspersonen in Akutsituationen sicher begleiten
CE07
Rehabilitatives Pflegehandeln im interprofessionellen Team
Rehabilitatives Pflegehandeln bei Kindern und Jugendlichen im interprofessionellen Team
Rehabilitatives Pflegehandeln bei alten Menschen im interprofessionellen Team
CE08
Menschen in kiritischen Lebenssituationen und in der letzten Lebensphase begleiten
Kinder, Jugendliche und ihre Familien in kritischen Lebenssituationen und in der letzten Lebensphase begleiten
Alte Menschen in kritischen Lebenssituationen und in der letzten Lebensphase begleiten
CE09
Menschen bei der Lebensgestaltung lebensweltorientiert unterstützen
Alte Menschen bei der Lebensgestaltung lebensweltorientiert unterstützen
CE10
Entwicklung und Gesundheit in Kindheit und Jugend in pflegerischen Situationen fördern
CE11
Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen und kognitiven Beeinträchtigungen personenzentriert und lebensweltbezogen unterstützen
Kinder und Jugendliche mit psychischen Gesundheitsproblemen und kognitiven Beeinträchtigungen personenzentriert und lebensweltbezogen unterstützen
Alte Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen und kognitiven Beeinträchtigungen personenzentriert und lebensweltbezogen unterstützen
Hinweise zur Umsetzung (Auszüge aus: Rahmenlehrpläne für den theoretischen und praktischen Unterricht vom 01.08.2019)
(…) Auf der Basis der vorliegenden Empfehlungen der Fachkommission bzw. länderspezifischer Lehrpläne entwickeln die Pflegeschulen schulinterne Curricula (§6 Abs. 2 PflBG). Die bei der Erstellung der Rahmenlehrpläne leitenden Konstruktionsprinzipien sollten auch bei der Konkretisierung in Form von schulinternen Curricula genutzt werden.
Die curricularen Einheiten (CE 01 – CE 11) sind so zu gestalten, dass sie den Erwerb der in den Anlagen 1-4 PflAPrV angestrebten Kompetenzen ermöglichen.
Handelt es sich bei den Lernsituationen (…) um Pflegesituationen, sollten sie möglichst den vollständigen Pflegeprozess in den Blick nehmen.
In den Rahmenlehrplänen werden die Inhalte mithilfe von Situationsmerkmalen [Handlungsanlass; Kontextbedingung, ausgewählte Akteure, Erleben, Deuten und Verarbeiten, Handlungsmuster] geordnet (…) Lernsituationen sind als didaktisch reflektierte Handlungssituationen zu verstehen und haben damit einen engen Bezug zur Pflegepraxis. Kompetenzen werden somit im Kontext der Situation angeeignet, in denen sie später zur Anwendung kommen (...).
Ebenso wie in den Rahmenlehrplänen sollen auch die curricular zu entwickelnden Lernsituationen durch die Steigerung der Anforderungen in den Situationsmerkmalen im Ausbildungsverlauf zunehmend komplexer gestaltet werden.
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