Anregungen für die Gestaltung von Handlungsergebnissen im handlungsorientierten Unterricht im Fach „Volkswirtschaft“

Problemstellung und Ziel dieses Artikels

Im schulischen Alltag kann die Weiterentwicklung handlungsorientierter Konzepte und die damit verbundenen neuen Begrifflichkeiten zu Missverständnissen und Irritationen führen. In diesem Artikel wird zunächst der Versuch unternommen, die Begriffe „Handlungsprodukt“, „Handlungsergebnis“ und „Methode“ voneinander abzugrenzen bzw. Überschneidungen aufzuzeigen. Anschließend werden konkrete Vorschläge für einige Handlungsergebnisse im Fach „Volkswirtschaft“ (bzw. „Volkswirtschaftslehre“, „Betriebs- und Volkswirtschaft“) unterbreitet.
Versuch einer begrifflichen Abgrenzung

Handlungsprodukt: Nach Hilbert Meyer sind Handlungsprodukte „veröffentlichungsfähige materielle und geistige Ergebnisse der Unterrichtsarbeit.“1 Diese werden im handlungsorientierten Unterricht im Sinne eines ganzheitlichen und schüleraktiven Unterrichts zwischen der Lehrkraft und den Schülerinnen und Schülern vereinbart.2 Meyer nennt unter anderem folgende Beispiele:3

Erstellung einer Zeitung, einer Zeitschrift, einer Nachrichtensendung, einer Reportage, einer Wandzeitung oder einer bildlichen Darstellung, Vorbereitung und Durchführung eines Referats, einer Ausstellung, eines Klassenausflugs, eines Orientierungslaufs, eines Flohmarkts oder Bazars, Entwicklung eines Konzepts für eine Schulhofgestaltung, Film/Video drehen usw.

Handlungsergebnis: Gemäß Schulischem Curriculum Berufsbildende Schulen (SchuCu-BBS) des Niedersächsischen Kultusministeriums führt handlungsorientierter Unterricht zu einem „Handlungsergebnis, an welchem überprüft werden kann, ob die Aufgaben-, Frage- bzw. Problemstellung erfolgreich bearbeitet worden ist.“4 Danach kann ein Handlungsergebnis sowohl materieller als auch nicht materieller Art sein (z. B. Plakat, Stellungnahme, Beratungsgespräch).5 Für das Zentralabitur im beruflichen Gymnasium in Niedersachsen wurden für das Fach Volkswirtschaft (ähnlich: Betriebs- und Volkswirtschaft) konkrete Handlungsergebnisse definiert und verbindlich vorgeschrieben:6

Übersichtsmatrix, Mindmap, Forderungskatalog, Stellungnahme, Veröffentlichung (Zeitungsartikel, Pressemitteilung, Leserbrief/Blog), Chancen-Risiken-Analyse, Pro- und Kontra-Diskussion, Maßnahmenplan, Beschlussvorlage, Wirkungskette (Kausalkette), Thesenpapier, Gutachten, Szenario, Vernetzungsdiagramm

Methode: Unter einer Methode (griechisch: methodos = Weg zu etwas hin) wird im Folgenden in Anlehnung an den Duden die „Art und Weise eines Vorgehens“ bzw. ein „auf einem Regelsystem aufbauendes Verfahren zur Erlangung von (wissenschaftlichen) Erkenntnissen oder praktischen Ergebnissen“ verstanden.Methoden sind also Verfahren und Methodenkompetenz ist entsprechend die Fähigkeit zur sachgerechten Anwendung von Verfahren. Dabei geht es in diesem Zusammenhang nicht um Unterrichtsmethoden für Lehrkräfte, sondern um Methoden, welche unsere Schülerinnen und Schüler in diesem Fach beherrschen sollten, wie zum Beispiel:

Mindmap, Diagrammerstellung, Diagrammauswertung, Wirkungskette, Vernetzungsdiagramm, Projektplanung

Auf Grundlage dieser Definitionen lässt sich ableiten, dass sich Handlungsprodukte im Sinne Hilbert Meyers und Methoden im Sinne des Dudens annähernd trennscharf voneinander abgrenzen lassen: Das eine ist das (eher komplexe) veröffentlichungsfähige Endprodukt des handlungsorientierten Unterrichts, das andere ist ein Verfahren, oft auch zur Erstellung eines solchen Endprodukts (z. B. eine Diagrammerstellung für einen Zeitungsartikel oder eine Projektplanung für eine multimediale Ausstellung). Handlungsergebnisse im Sinne des Schulischen Curriculums in Niedersachsen können sowohl Handlungsprodukte als auch Methoden sein, es gibt in beide Richtungen Überschneidungen. Im Folgenden werden einige Beispiele für solche Handlungsergebnisse aufgeführt.
Beispiel 1: Mindmap zu wirtschaftspolitischen Problemfeldern

Zunächst sei darauf hingewiesen, dass mit einer Mindmap ganz unterschiedliche Ziele verfolgt werden können wie etwa die Unterstützung eines Lernprozesses, die Freisetzung kreativer Ideen, die Planung eines Projekts oder auch die Analyse der Ursachen eines Problems. An dieser Stelle soll ein Beispiel für die Mindmap als Lernhilfe zur strukturierten Zusammenfassung eines oder mehrerer Texte eingesetzt werden. Dazu bieten sich wirtschaftspolitische Problemfelder an (siehe Grafik).
Beispiel 2: Übersichtsmatrix „Landkarte der Wirtschaftspolitik“:

Klare Strukturen sind eine wichtige Voraussetzung für nachhaltigen Lernerfolg sowie für den beruflichen Erfolg, da sie den Schülerinnen und Schülern eine klare Orientierung in einer komplexen Welt liefern. Darauf weisen Bildungsforscher und auch Praktiker in der Wirtschaft immer wieder hin. Es spricht daher vieles dafür, eine logisch stringente und vollständige Übersichtsmatrix zu den wichtigsten Teilgebieten der Wirtschaftspolitik zu entwickeln und ggf. auch kreativ darzustellen, etwa als lebendige und bildhafte Wandzeitung. Die Grundstruktur einer solchen Wandzeitung könnte folgendermaßen aussehen: (Siehe Seite 12, Abb. 2)
Beispiel 3: Vernetzungsdiagramm zur Gesamtwirtschaft

Das Vernetzungsdiagramm ist eine grafische Darstellung eines komplexen Systems und der Wirkungsbeziehungen seiner Elemente. Es leistet unter anderem dann große Dienste, wenn die Komplexität der Elemente und Wirkungsbeziehungen einer Volkswirtschaft und die gewollten sowie ungewollten Auswirkungen wirtschaftspolitischer Maßnahmen visualisiert werden sollen. Dabei muss vor Bearbeitung der Aufgabe folgende Regel bekannt gegeben werden: Der Operator „+“ steht für gleichgerichtet (je mehr, desto mehr bzw. je weniger desto weniger) und der Operator „-“ steht für entgegengerichtet (je mehr, desto weniger bzw. je weniger, desto mehr). In dem folgenden Beispiel besteht die Aufgabe darin, den Pfeilen die richtigen Operatoren zuzuordnen (abgebildet ist die Lösung). Mithilfe dieses Vernetzungsdiagramms lässt sich beispielsweise die aktuell befürchtete Preis-Lohn-Spirale (bzw. Lohn-Preis-Spirale) veranschaulichen. (Siehe Abb. 3)
Beispiel 4: Wirkungskette zur antizyklischen Fiskalpolitik

Mithilfe der Wirkungskette (Kausalkette) werden Auswirkungen von Impulsen dargestellt. Im Volkswirtschaftsunterricht bietet sich die Wirkungskette unter anderem zur Visualisierung von Auswirkungen der antizyklischen Fiskalpolitik im Sinne der keynesianischen Nachfragepolitik an. Beispielsweise können bestimmte Elemente (Kettenglieder) unsortiert vorgegeben werden und die Schülerinnen und Schüler sollen diese in der richtigen Reihenfolge anordnen und die Auswirkungen in Form von Pfeilen sachgerecht darstellen. Die nachfolgenden Beispiele bilden die Lösungen ab. Weitere Maßnahmen der antizyklischen Fiskalpolitik wären die Senkung von Transferausgaben und die Erhöhung von Abschreibungssätzen.
Beispiel 5: Chancen- und Risiken- Analyse zur Globalisierung

Ein so ergiebiges wie aktuelles Einsatzgebiet für eine Chancen- und Risiken-Analyse ist das Thema „Globalisierung“: Hier bietet sich eine mehrperspektivische Betrachtung an, aus der Perspektive der privaten Haushalte, der Unternehmen und des Staates. Diese Analyse liefert die Grundstruktur für eine vertiefende Diskussion. Das nachfolgende Beispiel lässt sich beliebig erweitern und je nach Handlungssituation mit einem Fazit versehen. (Abb. 5)
Beispiele für komplexe Handlungsergebnisse

Beispiele für komplexe Handlungsergebnisse (Handlungsprodukte), welche nicht Gegenstand des oben beschriebenen Katalog in Niedersachsen sind, könnten sein:
  • Überzeugungspräsentationen zu wirtschaftspolitischen Zielen: Die Schülerinnen und Schüler haben oftmals Sympathien für die eine oder andere wirtschaftspolitische Zielsetzung (vor allem für Vollbeschäftigung, Preisniveaustabilität, Verteilungsgerechtigkeit und Umweltschutz). Sie lassen sich daher leicht motivieren, ein leidenschaftliches Plädoyer für eine Zielsetzung zu halten. Um dieses Plädoyer (bzw. eine Präsentation) mit Substanz anzureichern, kann die Lehrkraft Anregungen und Stichworte vorgeben (z. B. die „Weizenkornlegende“ zur Veranschaulichung eines exponentiellen Wirtschaftswachstums).
  • Projekte zu volkswirtschaftlichen Themen: Ein Projekt kann die selbständige Erstellung eines Lehrfilms, eines Erklärvideos, eines E-Books oder einer multimedialen Ausstellung zum Thema „Folgen der Globalisierung“ sein. Für solche Projekte wird die Methode einer einfachen Projektplanung (Zeitplanung) empfohlen. 

Quellen

1 Meyer, H.: Unterrichtsmethoden II - Praxisband, Berlin, 16. Auflage 2017, Seite 158
2 vgl. ebd., Seite 402
3 vgl. ebd., Seite 158 f.
4 https://schucu-bbs.nline.nibis.de/nibis.php?menid=357, abgerufen am 02.06.2022
5 vgl. ebd.
https://www.nibis.de/uploads/1gohrgs/za2021/Handlungsergebnisse_BRC_BVW_VW_ab_ZA_2017.pdf, abgerufen am 02.06.2022
7 https://www.duden.de/rechtschreibung/Methode, abgerufen am 02.06.2022

Ihr Autor

Arndt Beiderwieden, Autor des Arbeitsbuches „Volkswirtschaft“ (Co-Autorin: Carola Schrötke, Co-Autor: Joachim Vater) aus der Arbeitsbuchreihe „Ökonomische Kompetenz“. Mitwirkung an diesem Text: Carola Schrötke.