Kostenartenrechnung – Kurzfassung¹

1. Aufgaben der Kostenrechnung

Für jedes Unternehmen ist es von existentieller Bedeutung, die in einer Periode angefallenen Kosten nach Art, Höhe, Entstehung, Gliederung, Berechnung und Zuweisung zu Kostenträgern so genau wie möglich zu kennen. Nur so kann die Kostenrechnung folgende Aufgaben angemessen erfüllen:
  • Die Kosten im Zeitvergleich kontrollieren und für die Zukunft prognostizieren.
  • Die Kosten den Bereichen im Unternehmen zuweisen, in denen sie entstanden sind, um sie letztlich den Produkten/Aufträgen zurechnen zu können, die sie verursacht haben.
  • Für die Erzeugnisse oder Waren (Kostenträger) kostendeckende Preise kalkulieren und sie zu den kalkulierten Preisen am Markt absetzen.
  • Die Kosten den Beschäftigungsänderungen anpassen, die durch Nachfrageverschiebungen und technische Entwicklungen eintreten.
  • Für zukünftige Perioden Plankosten entwickeln, mit deren Hilfe es gelingt, über den Vergleich mit Istkosten Abweichungen der Kosten festzustellen und zu beheben.
  • Unterschiedliche Kostenrechnungssysteme je nach der betrieblichen Struktur, der unternehmerischen Zielsetzung oder der Marktlage einsetzen (Vollkosten- und Teilkostenrechnung, Plankostenrechnung, Prozesskostenrechnung, Zielkostenrechnung).
2. Aufgaben der Kostenartenrechnung

Die Kostenartenrechnung (KAR) bildet das Grundgerüst der Kostenrechnung. Sie hat folgende Aufgaben zu erfüllen:
  • Lückenlose und periodenbezogene Erfassung der Kosten in Finanz- und Betriebsbuchhaltung nach bestimmten Merkmalen,
  • Bereitstellung der Gemeinkosten für die Kostenstellenrechnung und Weitergabe der Einzelkosten an die Kostenträgerrechnung,
  • Durchführung der Kostenkontrolle
3. Grundsätze der Kostenerfassung in der Kostenartenrechnung

Für die Erfüllung der zuvor genannten Aufgaben ist es notwendig, die Kosten nach jeweils typischen Merkmalen zu Kostenarten umzugliedern. Diese Umgliederung
übernimmt die Kostenartenrechnung, indem sie jeden Kostenbetrag einer Kostenart zuweist. Dabei hat sie folgende Grundsätze zu beachten:
  • Vollständige Erfassung der Kosten: Nur die vollständige Erfassung der Kosten führt zu angemessenen Entscheidungen. So kann z. B. nur bei vollständiger Erfassung der Kosten erreicht werden, dass alle Kosten in die Preise eingerechnet und folglich über die Umsatzerlöse erstattet werden. Nur so ist die langfristige Existenz des Unternehmens gesichert.
  • Periodengerechte Erfassung der Kosten: Nur die tatsächlich in einer Abrechnungsperiode angefallenen Kosten dürfen erfasst werden; die nicht der Periode zurechenbaren Kosten sind abzugrenzen.
  • Eindeutige und einheitliche Zuordnung der Kosten: Alle Kosten müssen eindeutig den Kostenarten zugerechnet werden, deren Kriterium sie erfüllen. Es darf nicht dazu kommen, dass Kosten mit gleichem Kriterium unterschiedlichen Kostenarten zugerechnet werden. Zudem ist auf gleichbleibende Struktur der Kostenarten zu achten.
  • Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit: Hierbei sind zwischen der Genauigkeit der Kostenerfassung und Kostenzurechnung sowie dem Aufwand an Zeit (und Kosten) abzuwägen, den die Kostenberechnung und -erfassung verursacht.
4. Erfassung der Kosten

Die Herkunft der Kosten liegt einerseits in der Finanzbuchhaltung, andererseits in der Betriebsbuchhaltung (Kosten- und Leistungsrechnung).

In der Finanzbuchhaltung werden alle betrieblichen und neutralen Aufwendungen periodengerecht aufgrund von Belegen und unterteilt nach Aufwandsarten des Kontenrahmens aufgezeichnet. Hierfür stehen im Industriekontenrahmen die Kontenklassen 6 „Betriebliche Aufwendungen“ und 7 „Weitere Aufwendungen“ in folgender Grobgliederung zur Verfügung:
  • Materialaufwand (Kontengruppen 60 und 61)
  • Personalaufwand (Kontengruppen 62 bis 65)
  • Sonstige betriebliche Aufwendungen (Kontengruppen 66 bis 69)
  • Betriebliche Steuern (Kontengruppe 70)
  • Abschreibungen auf Finanzanlagen und Wertpapiere des Umlaufvermögens und Verluste aus entsprechenden Anlagen (Kontengruppe 74)
  • Zinsen und ähnliche Aufwendungen (Kontengruppe 75)

In einem ersten Schritt werden die neutralen Aufwendungen als „Nichtkosten“ mithilfe der Ergebnistabelle von der Kosten- und Leistungsrechnung ferngehalten. Die Kostenartenrechnung übernimmt nur die betrieblichen Aufwendungen als Grundkosten. Voraussetzung hierfür ist, dass diese Aufwendungen die betriebliche Verursachung widerspiegeln; ggf. rechnet die Kostenartenrechnung die betrieblichen Aufwendungen entsprechend des Verbrauchs um. Von den oben aufgelisteten Aufwendungen können in der Regel der Materialaufwand, der Personalaufwand sowie die Betrieblichen Steuern als Kosten unverändert übernommen werden.
Beispiel 

In der Finanzbuchhaltung wird die Rechnung aus einem Rohstoffeinkauf über 150 Platinen zum Stückpreis von 240,00 € gebucht (netto 36.000,00 €). Von diesen Platinen gehen 30 Stück in einen Kundenauftrag ein. In der Kostenrechnung wird die Kostenart „Fertigungsmaterial“ für diesen Kundenauftrag mit (30 Stück • 240,00 € =) 7.200,00 € ausgewiesen.
In einem zweiten Schritt überprüft die Kostenartenrechnung die in den Kontengruppen „66-69 Sonstige betriebliche Aufwendungen“, „74 Abschreibungen auf Finanzanlagen und Wertpapiere des Umlaufvermögens“ sowie „75 Zinsen und ähnlichen Aufwendungen“ gesammelten Aufwendungen daraufhin, ob sie für die Kostenrechnung geeignet sind. Sofern den Aufwendungen der Kontenklassen 66 bis 69 sowie 74 und 75 aus der Betriebsbuchhaltung geeignetere Kosten gegenüberstehen, werden die betrieblichen Aufwendungen der Finanzbuchhaltung von der Kostenrechnung abgegrenzt. In die Kostenrechnung gelangen anstelle der betrieblichen Aufwendungen die in der Kostenrechnung erzeugten sog. kalkulatorische Kosten (Anderskosten).
Beispiel

Die Abschreibung des abnutzbaren Anlagevermögens, z. B. einer Drehmaschine mit Anschaffungskosten von 320.000,00 € und einer Nutzungsdauer von 10 Jahren, erfolgt in der Finanzbuchhaltung aufgrund handelsrechtlicher Vorschriften linear von den Anschaffungskosten mit 32.000,00 €/Jahr. In der Betriebsbuchhaltung wird die Kostenart „Abschreibungen“ linear von den angenommenen Wiederbeschaffungskosten 350.000,00 € berechnet, um die substantielle Kapitalerhaltung des Unternehmens zu gewährleisten (Abschreibungen als Anderskosten in Höhe von 35.000,00 €/Jahr).
In einem dritten Schritt entwickelt die Betriebsbuchhaltung eigenständige Kosten, für die es in der Finanzbuchhaltung keine entsprechenden betrieblichen Aufwendungen gibt, und bringt sie als Zusatzkosten in die Kostenrechnung ein. Dies ist vor allem in Einzelunternehmen und Personengesellschaften für den „Unternehmerlohn“ der Inhaber der Fall.
Beispiel

Im Unternehmen Schmolmann KG ist Georg Schmolmann Geschäftsführer. Er erhält für seine Tätigkeit kein Gehalt, wie es dem Geschäftsführer einer GmbH oder dem Vorstand einer AG zusteht. Deren Gehälter gehen als betriebliche Aufwendungen in die Kostenrechnung ein. In der Einzelunternehmung (e. K.), der Offenen Handelsgesellschaft (OHG) und der Kommanditgesellschaft (KG) bestreiten die Eigentümer-Geschäftsführer ihren Lebensunterhalt aus dem erwarteten Gewinn. Bei Bedarf entnehmen sie Geld aus der Geschäftskasse und lassen private Überweisungen über das Geschäftskonto laufen. Diese Vorgänge werden in der Finanzbuchhaltung als „Privatentnahmen“ aufgezeichnet und unmittelbar vom Eigenkapital abgezogen. Sie dürfen nicht als betrieblich veranlasste Aufwendungen erfasst werden. In der Betriebsbuchhaltung dagegen werden Kosten für das dem Eigentümer zustehende Entgelt als regelmäßiger „kalkulatorischer Unternehmerlohn“ berechnet und kalkuliert.
5. Kostenarten

Aufgabe der Kostenartenrechnung ist es nicht nur, die Kosten periodenbezogen vollständig zu sammeln (Vollkosten), sondern sie auch nach den in der Kostenrechnung verfolgten Zwecken zu systematisieren. Hierzu werden die Kosten nach unterschiedlichen Kriterien gegliedert und ergeben so die dem jeweiligen Zweck entsprechenden Kostenarten. Die folgende Übersicht gliedert die Kosten nach den wichtigsten Kriterien. 
Quellen

1 Eine ausführliche Darstellung zur Kostenartenrechnung finden Sie als kostenlosen Download („Beiträge/Kontenrahmen“) unter www.schmolke-deitermann.de
2 Vgl. Schmolke/Deitermann, Industrielles Rechnungswesen – IKR -, 50. Auflage, Seite 426

Verzeichnis der benutzen Literatur 

• Coenenberg, A., u. a., Kostenrechnung und Kostenanalyse, 9. Auflage, Schäffer-Poeschel Verlag, 2016
• Haufe Finance Office Basic, R. Bleiber, HI572332
• Haufe Finance Office Basic, R. Bleiber, HI572555
• https://www.controllingportal.de/Fachinfo/Kostenrechnung/Kostenartenrechnung
• Schmolke/Deitermann, Industrielles Rechnungswesen – IKR -, 50. Auflage,
• Wöltje, J., Kosten- und Leistungsrechnung, 2. Auflage, Haufe-Gruppe Freiburg, 2016

Ihr Autor

Wolf-Dieter Rückwart ist Mit-Autor der Rechnungswesenbücher von Schmolke/ Deitermann und Deitermann/Rückwart sowie der Speziellen Wirtschaftslehre für Industriekaufleute. Die Autorentätigkeit übt er seit 1976 aus. Seine Maxime: Schülerinnen/ Schülern sowie Auszubildenden die „Werkzeuge“ an die Hand zu geben, die sie zur erfolgreichen Bewältigung ihrer schulischen und beruflichen Lebenssituationen benötigen. Nach seinem Studium in Köln (Diplom- Handelslehrer) war er 26 Jahre Lehrer am Berufskolleg für Wirtschaft und Verwaltung in Leverkusen, bevor er als Stellvertretender Leiter ans Studienseminar Köln II wechselte. Zusätzlich zu seiner Lehrertätigkeit übte er seit 1973 die Fachleitung für Wirtschaftswissenschaften an den Studienseminaren in Düsseldorf und Köln aus.