Mit dem Aufschlagen eines Buches können wir eine andere Welt betreten, die Ansichten anderer kennenlernen und fremde Lebensweisen miterleben. Am Ende unserer Lektüre haben wir neue Erfahrungen gesammelt und sind dann vielleicht auch ein etwas anderer Mensch geworden. Dieses Heft gibt anhand ausgewählter Beispiele einen Eindruck davon, wie sich diese Fähigkeiten der Literatur auch für den Ethik- und Philosophieunterricht fruchtbar machen lassen. Ein hierfür gut ausgewählter narrativer Text ist in der Lage, an seine Leserin und seinen Leser auf unterhaltsame Weise eine philosophische Problematik heranzutragen. Hierbei kann man zwischen explizit philosophischer Literatur wie beispielsweise den Romanen und Dramen der Existenzialisten Camus und Sartre sowie implizit philosophischer Literatur unterscheiden. Letztere bezieht sich auf Werke, die ihre Autorinnen und Autoren nicht primär mit der Intention verfasst haben, eine philosophische Theorie darzustellen oder zu veranschaulichen. Bei ihnen ergibt sich der philosophische Gehalt gewissermaßen erst aus einer Interaktion zwischen der inhaltlichen Gestaltung des Textes und den Erfahrungen und dem Vorwissen der Lesenden. Wie die einzelnen Beiträge veranschaulichen werden, gibt es eine Vielzahl von Gründen für den Einsatz narrativer Texte im Philosophie- und Ethikunterricht, die von der Eröffnung neuer Erfahrungsräume, dem Durchspielen von Handlungsmöglichkeiten aus der Perspektive literarischer Figuren, der einfacheren Auseinandersetzung mit durchaus „heiklen“ Themen bis hin zur Beschäftigung mit konkreten Themen aus der Lebenswelt der Jugendlichen reichen. Die vorgestellten Methoden beziehen sich kompetenzorientiert sowohl auf produktive Zugänge als auch auf textanalytische Verfahren.