Schülerinnen und Schüler wachsen heute in einer Welt auf, die von digitalen Technologien und Medien geprägt wird. Sie erleben ihre Eltern und ihren Freundeskreis am Smartphone, schauen Musikvideos oder Serien im Internet und spielen digitale Spiele. Auch die Arbeitswelt, in die sie später eintreten werden, wird digitaler sein und digitale Kompetenzen voraussetzen. Wirtschaft und Politik verlangen, dass diesen Veränderungen bereits in der Schulzeit Rechnung getragen wird.
Viele Kollegen sehen sich aber in einem Dilemma. Auf der einen Seite wollen sie ihre Schülerinnen und Schüler vor den Gefahren der digitalen Welt bewahren; auf der anderen Seite sehen sie, wie wichtig es ist digitale Kompetenzen zu vermitteln, da diese bei Schülerinnen und Schülern oftmals fehlen. Lehrkräfte stehen zusätzlich vor dem Problem, dass die technische Ausstattung der Schulen oft nicht angemessen ist und es nur selten Assistenten gibt, die Kindern und Lehrkräften bei Problemen mit Hard- und Software zur Seite stehen.
An Herausforderungen mangelt es also nicht, dafür jedoch häufig an Übersicht über diese doch ganz unterschiedlichen Aufgaben und Probleme. Diese kurze Einführung soll Ihnen dabei helfen, Ordnung zu schaffen und erläutern, was unter Medienbildung zu verstehen ist und wie schulische Medienbildung sinnvoll und nachhaltig aussehen kann.
Die drei Themenblöcke der schulischen Medienbildung ▼
Die drei Themenblöcke der schulischen Medienbildung ▲
Um dem Bedarf an Rahmenbedingungen gerecht zu werden, hat die Kultusministerkonferenz im Jahr 2016 die Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ aufgestellt. Diese Strategie umfasst insgesamt sechs Kompetenzbereiche, die „individuelles und selbstgesteuertes Lernen fördern, Mündigkeit, Identitätsbildung und das Selbstbewusstsein stärken sowie die selbstbestimmte Teilhabe an der digitalen Gesellschaft ermöglichen“. (Strategie der KMK „Bildung in der digitalen Welt“ 2016, S.15)
Hier klicken zum Vergrößern Die sechs Kompetenzbereiche (siehe Diagramm rechts) lassen sich der Einfachheit halber in die folgenden drei inhaltlichen Fertigkeiten gliedern:
1. digitale Technologien nutzen, 2. digitale Technologien verstehen und 3. Auswirkungen digitaler Technologien und digitaler Medien auf das Individuum und die Gesellschaft begreifen.Themenblock 1: Digitale Technologien nutzen
Schülerinnen und Schüler müssen lernen, Computer und Tablets (Hardware) sowie Anwendungen und Programme (Software) zu bedienen. Auf der Hardware-Ebene bedeutet dies u.a. das Ein- und Ausschalten der digitalen Endgeräte und das Anschließen von Lautsprechern oder einem Drucker. Auf der Software-Ebene müssen sie u.a. lernen mit einem Browser im Internet zu surfen, Texte zu schreiben und zu formatieren oder mit einer Kamera-App Videos aufzunehmen. Interessanterweise kann man beobachten, dass Schülerinnen und Schüler heute insgesamt weniger Kompetenzen im Umgang mit Desktopcomputern und Notebooks mitbringen als noch vor wenigen Jahren, da diese wegen Tablet und Smartphone seltener genutzt werden. Daher können Lehrkräfte einen sicheren Umgang mit Desktopcomputern nicht voraussetzen.Gründe, aus denen die Nutzung digitaler Technologien im Unterricht vermittelt werden sollte, sind unter anderem: - Um selbstbestimmt in einer digitalen Gesellschaft agieren zu können, ist es notwendig, dass alle Schülerinnen und Schüler gleichermaßen den Umgang mit Hard- und Software erlernen. Die Schule als Vermittler könnte hier der Bildungsgerechtigkeit dienen.
- Das Arbeiten an digitalen Endgeräten kann für Schülerinnen und Schüler sehr motivierend sein. Des Weiteren lernen sie, digitale Technologien auch als Arbeitsmittel zu verwenden und nicht nur für Unterhaltungszwecke (z. B. Videos und Spiele) zu nutzen.
Es ist jedoch zu beachten, dass für einen sinnvollen Einsatz eine ausreichende technische Ausstattung erforderlich ist. Die Strategie der KMK sieht dazu vor, dass bis 2021 jeder Schülerin und jedem Schüler jederzeit ein technisches Endgerät im Unterricht zur Verfügung steht. Außerdem müssen auch Lehrkräfte im Umgang mit der ihnen zur Verfügung stehenden Soft- und Hardware geschult werden. Darüber hinaus kann der Zeitaufwand für die Arbeit mit digitalen Technologien hoch sein. Lehrkräfte sollten sich daher im Vorfeld überlegen, wann sich der Mehraufwand für das Nutzen digitaler Technologien lohnt.
Themenblock 2: Digitale Technologien verstehen
Schülerinnen und Schüler sollen digitale Technologien nicht nur nutzen können, sondern auch wissen, wie sie funktionieren. So fordert z.B. die Gesellschaft für Informatik, dass Schülerinnen und Schüler die „Funktionsweise der Systeme, die die digitale Welt ausmachen“ kennen und bewerten können. In der Sekundarstufe kann etwa vermittelt werden, wie Netzwerke aufgebaut sind und Daten darin übertragen werden. Ebenfalls kann einfaches Programmieren, auch Coden genannt, zum Unterrichtsinhalt gemacht werden. Inzwischen gibt es eine Auswahl an Robotern, Platinen und Apps, mit denen die Kinder spielerisch lernen zu coden.
Gründe, aus denen das Verständnis digitaler Technologien im Unterricht vermittelt werden sollte, sind unter anderem: - Um die digitale und vernetzte Welt aktiv mitzugestalten, müssen Schülerinnen und Schüler wissen, wie die Technik funktioniert.
- Ein grundlegendes Verständnis der Technik hilft, bei Problemen selbstständig Lösungen zu finden und umzusetzen.
Themenblock 3: Auswirkungen digitaler Technologien und digitaler Medien auf das Individuum und die Gesellschaft
Übermäßiger Medienkonsum, Cyber-Mobbing, Zugang zu kindergefährdenden Inhalten sowie ein fehlendes Bewusstsein für den Unterschied zwischen öffentlichen und privaten Daten sind einige der Gefahren von digitalen Technologien. Daher ist es wichtig, im Unterricht über die Auswirkungen von Mediennutzung und die Wirkung von Medien allgemein aufzuklären. Schülerinnen und Schüler sollten sich über ihr Medienverhalten austauschen und dabei ihr eigenes reflektieren.
Auch eine kritische Betrachtung von YouTubern und anderen Social-Media-Stars ist sinnvoll. Vielen Schülerinnen und Schülern ist nicht bewusst, wann es sich bei einem YouTube-Video um Werbung oder bezahltes Productplacement handelt und wann es authentische Inhalte sind.
Gründe, aus denen die Auswirkungen digitaler Technologien und digitaler Medien im Unterricht vermittelt werden sollten, sind unter anderem: - Der Bedarf von Seiten der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern hierfür ist groß. Viele Schülerinnen und Schüler sind in ihrer Freizeit bereits einen großen Teil des Tages online aktiv, dabei jedoch nicht selten überfordert. Die Schule kann helfen Erfahrungen einzuordnen und Reflexionen anzustoßen.
- Dieser Themenblock ist auch mit einer mangelhaften technischen Ausstattung einer Schule sinnvoll unterrichtbar, da auf die Erfahrungen mit digitalen Geräten und digitalen Medien eingegangen wird, die außerhalb der Schule gemacht wurden.
Drei Stufen der Umsetzung schulischer Medienbildung ▼
Drei Stufen der Umsetzung schulischer Medienbildung ▲
Stufe 1: Medienbildung analog
Medienbildung muss nicht zwangsläufig digital unterrichtet werden. Natürlich trifft diese Aussage nicht auf den Bereich „digitale Technologien nutzen“ zu, aber die Auswirkungen digitaler Technologien und digitaler Medien auf das Individuum und die Gesellschaft können auch unterrichtet werden, ohne dass die Schülerinnen und Schüler mit Tablet oder Computer arbeiten. Somit kann jede Schule unabhängig von ihrer technischen Ausstattung eine Vielzahl an Kompetenzen, wie z.B. die Reflexion von Mediennutzung im traditionellen Unterricht vermitteln.
Stufe 2: Schrittweise werden digitale Technologien von Schülerinnen und Schülern genutzt
In der zweiten Stufe unterrichtet die Lehrkraft Medienbildung noch analog, setzt aber vereinzelt digitale Technologien ein. Die Schülerinnen und Schüler lernen z.B. das Arbeiten mit Präsentationssoftware, nachdem sie sich bereits im Vorfeld mit Präsentationstechniken und der Struktur von Plakaten und digitalen Folien beschäftigt haben. Vorstellbar sind auch Projekte für das Filmen von Erklärvideos oder das Aufnehmen von kleinen Hörspielen. Je besser die Ausstattung der Schule und die digitale Kompetenz der Lehrkräfte ist, desto häufiger können die digitalen Technologien eingesetzt werden.
Stufe 3: Regelmäßiger Einsatz digitaler Technologien in allen Fächern
In der dritten Stufe stehen den Lehrkräften und den Schülerinnen und Schülern jederzeit ein Tablet oder ein Computer zur Verfügung, so dass sie in jedem Fach eingesetzt werden können. Die digitalen Technologien werden, wie die Tafel oder das Schulheft, als selbstverständliches Lehr- bzw. Lernmittel angesehen.